CLAUDIA GRAF-GROSSMANN:
JOHANNES MARIO SIMMEL
Auch wenn das Feuilleton Johannes Mario Simmel (1924-2009) für die meisten seiner Werke
schmähte, gehört er doch zu den beliebtesten deutschsprachigen Schriftstellern. Und mit
rund 73 Millionen verkauften Büchern zählt er zu den erfolgreichsten überhaupt.
Pünktlich zum 100. Geburtstag in diesem April liegt endlich auch eine Biografie zu dem
unermüdlichen Vielschreiber vor. Johannes Mario Simmel. Mich wundert, dass ich so
fröhlich bin ist sie überschrieben und verfasst hat sie Erfolgsautorin Claudia
Graf-Grossmann.
Und natürlich ist das Buch in Simmels langjährigem Hausverlag Droemer erschienen, wie
unschwer an dem Cover mit dem Schriftzug in geschwungener bunter Kalligrafieschrift zu
erkennen ist. Das Vorwort hat Iris Berben geschrieben, in Simmels späten Jahren eine enge
Vertraute des zu Depressionen Neigenden.
Dann folgt die Kinder- und Jugendzeit, in der auch die bürgerlich-liberalen Eltern
vorgestellt werden. Mit denen Jan und seine jüngere Schwester ml in
Österreich, mal in England lebten. Der Großvater väterlicherseits war konvertierter
Jude, um so krasser wird der Bruch für die wieder in Wien lebenden Simmels beim Anschluss
an das Deutsche Reich im März 1938.
Während der Vater nach England emigriert, wo er noch vor Kriegsende stirbt, treffen die
Nazi-Gesetze auch den Mischling Mario (wie er von den meisten genannt wird).
Der muss das Realgymnasium verlassen, hat jedoch mit der Alternative in einem chemischen
Institut schicksalhaftes Glück. Er erhält nicht nur die Matura sondern auch den
Abschluss als Chemo-Ingenieur. Und vor allem kann er in dem kriegswichtigen Betrieb
weiterhin verbleiben.
Wobei die Autorin in ihren intensiven Recherchen sogar auf Widerstandszellen in dem
Institut gestoßen ist, denen Simmel vermutlich mit angehört hat. Die Zeit
einschließlich dem Untertauchen in einem Tiefbunkerversteck war dramatisch und für
Simmel der Stoff für seinen ersten richtigen Roman Mich wundert, dass ich so
fröhlich bin.
Seine erste Buchveröffentlichung aber hatte er bereits mit 21 Jahren, als er die Arbeit
als Dolmetscher für den General Mark Clark in der US-Besatzungszone für das Schreiben
von Kurzgeschichten nutzte. Die dann unter dem Titel Begegnung im Nebel 1946
herauskamen und wie die folgenden frühen Bücher von der Kritik gelobt wurden, aber kaum
Käufer fanden.
Ein Phänomen, das sich mit den späteren Bestsellern genau umgekehrt zeigen sollte.
Zunächst aber führte die Nachkriegszeit den jungen Autor in die Filmwelt, wo er vor
allem in West-Berlin etliche Drehbücher verfasste. Und Lucie Gräfin von Treuberg
begegnete, 13 Jahre älter als er und einst die Geliebte von Billy Wilder, bis der in die
USA emigrierte.
Simmel heiratete Lulu 1956 und arbeitete unter anderem erfolgreich für die
Illustrierte Quick. In der er seinen legendären Durchbruch mit dem
Fortsetzungsroman Es muss nicht immer Kaviar sein feierte. Süffig, spannend
und sämtliche Folgen ab dem 29. August 1959 stets mit einem Rezept abgeschlossen
das war einmalig in Deutschland und auch die späteren Verfilmungen waren große Erfolge.
Danach kommen zwei wichtige Weichenstellungen: 1962 veröffentlichte er den ersten
Bestseller vom Droemer Verlag, dem Dutzende folgen sollten. Und Simmel blieb zwar bei
seinem sehr unterhaltsamen Stil den die Kritiker immer wieder als Trivialliteratur
verrissen aber es flossen immer mehr gesellschaftspolitisch aktuelle Themen ein.
Da spürte man, dass dieser charmante Frauenfreund ein bekennender Sozialist und Moralist
war. Der im Übrigen für seine Recherchen einen hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand
betrieb. Immer aber floss nicht nur eine Liebesgeschichte mit ein, manche Romane
erschienen auch stark autobiografisch eingefärbt.
Wobei auch seine private Vita sehr bewegt war, wie die Autorin anhand vieler Interviews
mit Freunden und Zeitgenossen belegt. Auf die und etliche andere Quellen war sie jedoch
ohnehin angewiesen, denn das persönliche Archiv Simmels hat rätselhafterweise eine
Sperre bis 2079. Um so fesselnder lesen sich da insbesondere die vielen Aufzeichnungen der
stundenlangen Telefongespräche zwischen Simmel und Marlene Dietrich geistreich und
sehr vertraulich bis ins Intime.
Und Simmel, dessen Bestseller auch etliche erfolgreiche Verfilmungen erlebten, erlangt
1987 endlich auch Kritikerlob. Doch mit den Clowns kamen die Tränen hat
einmal mehr einen hochaktuellen Kern, diesmal das Thema Gen-Manipulation. Und die
stattliche Reihe der Romane reicht schließlich bis Liebe ist die letzte
Brücke im Jahr 1999.
Bei all dem gibt diese Vita selbst ungeheuer viel Lesestoff her, denn Claudia
Graf-Grossmann ist es auf seriöse Weise zu verdeutlichen gelungen, dass das Leben des
großen Romanciers Johannes Mario Simmel selbst das Format eines fesselnden Romans hat.
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