LEAH REDMOND CHANG: JUNGE
KÖNIGINNEN
Es gibt zahlreiche Schriften über das Leben von Katharina di Medici (1519-1589), ihre
Tochter Elisabeth de Valois (1545-1568) und ihre Schwiegertochter Maria Stuart
(1542-1587). Aber fast durchweg sind sie dabei bestenfalls Mitwirkende, denn in
ihrem Jahrhundert wurde die Welt in praktisch jeder Beziehung von Männern dominiert.
Die Historikerin und Literaturwissenschaftlerin Leah Redmond Chang geht nun neue Wege,
indem sie diese drei bedeutsamen Frauengestalten in den Vordergrund und den Einfluss ihres
Wirkens auf eigene Füße stellt, statt sie nur als Mitwirkende zu beschreiben.
Junge Königinnen lautet der Titel und die haben im Zusammenspiel wie auch
jede für sich einen ausgeprägten Stellenwert in jenen Renaissancezeiten.
Über vier Jahrzehnte erstreckt sich der Zeitraum, den die Autorin untersucht hat, und der
beginnt natürlich mit Katharina di Medici, die als junge ehrgeizige Königin an der Seite
des französischen Königs Heinrich II. sich nicht auf die Hauptaufgabe einer
Monarchengattin beschränkt: einen fruchtbaren Schoß zu haben. Zehn Kinder gebärt sie
der Dynastie, doch schon früh entwickelt sie große Fähigkeiten als gewiefte
Strippenzieherin.
So gering die Macht ihrer angestammten Rolle nach außen auch war, beeinflusste sie die
europäische Geschichte mit teisl weitreichenden Folgen durch die Heiratspolitik unter
Einsatz ihrer Kinder. Allianzen bilden, Konflikte beeinflussen, Machtgefüge aufbauen
unermüdlich wirkte sie als Dirigentin im wechselnden Spiel der Mächte.
Der größte Coup war die Vermählung ihrer Tochter Elisabeth mit König Philipp II. nicht
nur Herrscher über ein riesiges Reich Spanien stand auch im feindseligen Gegensatz
zu Frankreich. Ganze 14 Jahre alt war die Prinzessin, als sie die dritte Ehefrau des 18
Jahre älteren Monarchen wurde.
Auch hier belegt die Autorin bis in spannende Feinheiten hinein, wie die kindliche Braut
überführt und für den spanischen Hof umerzogen wurde. Aber auch, dass der Gemahl
offenbar größten Gefallen an ihr fand. Dass sie dennoch ein beklagenswertes Schicksal
durchlitt, lag in ihrer schlichten Hauptverpflichtung: Erben zu gebären.
So starb die zarte Elisabeth schon mit 22 Jahren nach einer erneuten unglücklichen
Geburt.
Doch das Leben Mary Stuarts, Queen of Scots, dauerte zwar doppelt so lange, war aber kein
bisschen erfreulicher. In Zeiten, in denen die Religionsgegensätze eine dynastische bis
kriegsauslösende Rolle spielten, verlief ihre Karriere als Schwiegertochter Katharina di
Medicis, dann Witwe des früh verstorbenen französischen Königs Franz II. und in der
Folge Königin von Schottland, höchst unglückselig.
Erst verbringt sie wegen politischer Ranküne Jahre auf einer schottischen Burg als
Gefangene und nach ihrer Flucht ausgerechnet zu ihrer protestantischen Verwandten
Elisabeth Tudor, Königin von England, endet ihr Lebensdrama nach erneuter langer
Gefangenschaft unter der Axt des Henkers. Für Katharina längst lästig geworden und nun
offenbar auch noch in Putschpläne gegen Elisabeth I. involviert, hat sie einmal mehr aufs
falsche Pferd gesetzt.
Katharina aber zieht auch danach weiterhin ihre Fäden als Ränkeschmiedin. Und erlebt im
Alter viel Kummer, denn acht ihrer Kinder sind bereits verstorben und Frankreich steht
unter ihrem Sohn Heinrich II. im Niedergang. Obendrein wird sie seit dem Massenmord an den
Hugenotten in der Bartholomäusnacht 1572 als verräterische Königinmutter
geschmäht.
Am Ende man von vier prägenden Königinnen sprechen, denn Elisabeth I. von England geht
als starke und mächtige Mit- und Gegenspielerin aus diesen von massiven
Machtverschiebungen immer wieder umgestalteten Europa im 16. Jahrhundert hervor.
Geschrieben ist das alles mit großartigem Zeit- und Lokalkolorit bis in feine Details
auch des Privatlebens der Königinnen die ja nie wirklich privat sein konnten. So
überzeugt dieses fundierte erzählende Sachbuch wie eine sorgsame Doku-Verfilmung und ist
dabei immer wieder auch romanhaft spannend.
|