MARGARET MEYER: DIE HEXEN VON
CLEFTWATER
Martha Hallybread ist eine alte Frau, die im ärmlichen Cleftwater als Hebamme,
Kräuterfrau und Mag von Kit und Agnes ein einfaches zufriedenes Leben führt. Bis an
einem nebligen Septembertag das Unheil in Gestalt von Hexenjäger Makepeace über das Dorf
hereinbricht.
Damit setzt Margaret Meyers düsterer Debütroman Die Hexen von Cleftwater
ein. Man schreibt des Jahr 1645 und gerade hier in East Anglia, nordöstlich von London,
wütete zur Zeit des Englischen Bürgerkrieges historisch belegt eine Welle von
Hexenverfolgungen.
Makepeace findet mit seinem rabiaten Fanatismus natürlich umgehend etliche Frauen, die
nur Hexen sein können angesichts all der Krankheiten und Missernten der letzten Zeit.
Auch die Magd Prissy, Marthas junge Freundin im Haushalt, wird verschleppt und brutal
malträtiert. Für Martha aber wird es nun ebenfalls heikel, denn eben erst musste sie
wieder bei einer Erstgebärenden helfen und es war eine Missgeburt.
Dass sie sich nur mit einfacher Gebärdensprache erklären kann, weil ihr eine Geschwulst
(wohl ein Kropf) jede Lautäußerung verwehrt, macht sie zusätzlich verdächtig. Da
erscheint es nur kurz als hilfreich, dass sie als Körperkundige dazu verpflichtet wird,
verdächtigte Frauen nach Hexenzeichen in Form von Muttermalen, Sommersprossen und
ähnlichem zu untersuchen: Jeder Makel der Haut galt als Teufelswerk.
Die Stimmung schaukelt sich durch den geschürten Aberglauben und Vorurteile ungeheuer
schnell zu einer allgemeinen Hysterie mit Hass und Denunziantentum auf. In ihrer Not
greift Martha da zu einem Hilfsmittel der Verzweiflung: im Bündel ihrer verstorbenen
Mutter findet sich eine Wachspuppe, ein sogenannter Atzmann.
Nach den Überlieferungen hatten solche Puppen magische Kräfte und wirkten vergleichbar
denen des Voodoo-Kults. Und nun setzt der erst Gerichtsprozess gegen gleich vier Frauen
ein. Keine von ihnen hat eine Chance, denn die Verhandlung verläuft so fanatisch und
frauenfeindlich, wie die Vorbehandlung niederträchtig war.
Nicht nur der Hexenjäger peitscht da die aufgewühlte Stimmung an und selbst der
rechtschaffene Pfarrer wird zum Opfer, als er es wagt, die in Wirklichkeit unbescholtenen
Frauen zu verteidigen. Er wie auch die ersten Hexen werden unter den
Schmähungen der Dörfler aufgehängt. Martha aber ist voller Selbstvorwürfe und doch
jetzt selbst mit weiteren Frauen unter elendigen Verhältnisse eingekerkert.
Mit einem absehbaren Schicksal vor Augen in den nächsten Tagen. In ihrer Seelenpein wird
ihr Atzmann zum letzten Hauch des Widerstands. Und in einem quälend langen Prozess ist es
genau jener Aberglauben, der das Elend über Cleftwater gebracht hat, der dessen Schergen
mit derselben absurden Kraft des Bösen unvermutet in die Flucht schlägt.
Dieser Roman ist ebenso schaurig wie fesselnd mit seiner dichten Atmosphäre, die den
Leser geradezu schmerzhaft nah am Geschehen hält. Man taucht ein in eine fremde alte Welt
voller Einfalt, Aberglauben, Vorurteile und Armut und kann sich dennoch nicht losreißen
von dem meisterhaft altmodisch geschilderten Geschehen.
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