NOVIOLET BULAWAYO:
GLORY
Jidada ist ein fiktives Land in Afrika, dessen höchst gehuldigtes Staatsoberhaupt ein
Pferd ist. Und wenn das dann als Gattin eine Eselin hat und seine brutale
Prätorianergarde aus einer Herde scharfer Hunde besteht, und das alles in unserer
Gegenwart spielt, dann liegt eines nahe: hier handelt es sich um eine moderne Version von
George Orwells Farm der Tiere.
So wie er 1945 damit das mörderische System Stalins mit einer genialen Satire karikierte,
tut dies mit der beißend aktuellen Version NoViolet Bulawayo mit ihrem zweiten Roman
unter dem Titel Glory. 1999 verließ sie mit gerade 18 Jahren ihr Geburtsland,
um in den USA zu leben. Hier nun entlarvt sie alles, was aus ihrer einstigen Heimat
geworden ist.
Unschwer zu erkennen ist da der Vater der Nation, das alte Pferd, der nun fast
40 Jahren das Sagen in dem einst hoffnungsfrohen Land hat. So lange, dass der alte
Pferdekopf Mühe hat, sich an seine Glanzzeiten zu erinnern, als er 1980 die
Unabhängigkeit von der britischen Kolonialmacht erstritt.
Hier nun starrt er stumpfsinnig auf die Tiermassen auf dem Jidada-Platz und ihm wird in
hohntriefender Ehrerbietung gehuldigt. Schließlich konnte er mit seinen magischen
Kräften sogar der Sonne befehlen. Auch wenn diese Aura nicht mehr recht funktionieren
will, sorgen die Hunde schon dafür, dass die Untertanen kuschen, obwohl das ganze Land
längst ins Elend abgesunken ist.
Da gereicht es ihm doch zur Freude, dass die junge schöne Marvelous als Quell der Freude
für den Alten an seiner Seite steht. Und eben erst ist die flachsinnige Eselin mit
akademischen Ehren bedacht worden, obwohl Dr. Sweet Mother noch nie eine
Universität von innen gesehen hat.
Doch so was von undankbar, plant das offiziell Erstes Waipchen genannte
Miststück einen Staatsstreich, um selbst an die Macht zu kommen. Dem jedoch der
Vizepräsident mit einem eigenen Putsch zuvorkommt. Da jubeln die Tiere über die neue
Freiheit und die ausgerufenen Wahlen. Die der Putschanführer dann aber an sich reißt, um
alle hehren Versprechen zu brechen.
Nichts wirklich Neues im Tierreich Jidada und der Wiedererkennungswert des realen Simbabwe
und seines Elends unter Mugabe, seiner selbstherrlichen Gattin Grace aber auch des ihm
folgenden Regimes ist unübersehbar.
Das ist raffiniert und mit bunter Zügellosigkeit geschrieben. Wobei eine geradezu
überwältigende Mischung aus Leichtfüßigkeit und Humor dafür sorgt, dass diese bittere
Realsatire trotz aller Tragik, die darin zum Vorschein kommt, ein ähnlich fesselndes
Lesevergnügen bietet wie Orwells Vorbild.
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