WIM HUPPERETZ u.a.: GÖTTINEN
DES JUGENDSTILS
Geschwungene Linien, viele Ornamente, florale Formen und eine zumeist üppige Farbgebung,
damit eroberte der Jugendstil um 1900 vor allem das bürgerliche Europa. Besonders
hervorstechend sind dabei die vielfältigen weiblichen Darstellungen.
Die ganze Fülle dieser Kunst-, Konsum- und Lebenswelten zeigt derzeit das Badische
Landesmuseum in Karlsruhe noch bis zum 19. Juni dieses Jahres. Dazu gibt es unter dem
Ausstellungstitel Göttinnen des Jugendstils ein opulentes Begleitbuch,
herausgegeben von Wim Hupperetz, Angela Klein, Gaby Kuper, Lars Petersen und Durkje van
der Wal.
Es begann zum Fin de Siecle in den 1890er Jahren und prägte auch das erste Jahrzehnt des
neuen Jahrhunderts mit seiner großen Aufbruchstimmung. Den tiefgreifenden politischen,
gesellschaftlichen und industriellen Veränderungen stellte sich ein anderes, teils
revolutionäres Denken entgegen, das den Herausforderungen der Zeit mit Gefühl und neuer
Formensprache entgegentritt.
Frauen stehen dabei im Mittelpunkt und das insbesondere in der aufkommenden Plakatkunst,
die den einsetzenden Massenkonsum begleitete. Die Frauen werden zu Ikonen stilisiert und
wenn sie einerseits Symbole für Fortschritt sind und das Aufkommen der Neuen
Frau symbolisieren, betören sie andererseits mit einer Ambivalenz zwischen zarter
Fee und Femme fatale bis hin zur düsteren Medusa.
Ein ganzes Kapitel des Katalogs widmet sich der grafischen Revolution mit ihrer sich
ändernden Bildsprache. Die aufkeimende Frauenbewegung findet ihren Niederschlag,
begleitet von einem neuen Stil der Frauenkleidung bis hin zu Freizeitkleidung zum Beispiel
für den neuen Sport mit dem Damenfahrrad. Da ist die Frau einerseits zentrales
künstlerisches Sinnbild und zeigt mit frühem Feminismus ebenso ungeahnte politische
Ansätze bis hin zum Begehren des Frauenwahlrechts.
Ein ganzes Kapitel präsentiert außerdem den neuartigen Schmuckstil und auch Frauen wie
Emmy Schoch mit ihrer Mode oder all den Schmuckstücken, die selbst von Stars ihrer Zeit
wie der Schauspiellegende Sarah Bernhardt getragen wurden. Diese Exponate wie auch die
zahlreichen exquisiten Werbeplakate um 1900 bereichern die Ausstellung wie auch dieses
faszinierende Begleitbuch.
Abschließend noch der Hinweis für alle, die die Sonderausstellung in Karlsruhe nicht
besuchen können: sie wird vom 10. März 2023 bis zum 23. September 2023 noch einmal im
Braunschweigischen Landesmuseum gezeigt.
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