DAVE EGGERS: DIE
MITTERNACHTSTÜR
Dave Eggers ist längst zum Kultautor geworden. Nun legt der US-Autor mit Die
Mitternachtstür erstmals ein Kinderbuch vor. Das führt in die sehr seltsame kleine
Stadt Carousel und hat deutlich Elemente des Fantasy-Romans.
Eingangs zieht der zwölfjährige Granite Flowerpetal, der seinen seltsamen Vornamen zu
Gran abkürzt, mit seiner Familie von weither in diesen abgelegenen Ort. Sein
Vater ist ein meist arbeitsloser Automechaniker, seine Mutter sitzt nach einem Unfall seit
Jahren im Rollstuhl und dann ist da noch seine kleine Schwester, die fünfjährige Maisie.
Sie wohnen nun in dem kleinen Holzhaus, das einst Grans Ururgroßvater baute, Das ist
genauso schief wie alle Häuser der Stadt. Bei manchen ist es noch viel schlimmer und
überall gibt es Risse in den Straßen. Doch auch die Menschen hier sind speziell mit
ständig lamentierenden Frauen und Männern in Achsel-Shirts, die auf Kinderrädern
herumfahren.
Grans Schule wird ebenfalls zur Enttäuschung, denn die Mitschüler behandeln Gran, als
sei er unsichtbar. Eine Ausnahme macht nur Catalina, die sich zwar auch nicht besonders
freundlich gibt, ihn aber immerhin soweit wahrnimmt, dass so etwas wie Freundschaft
entsteht. Im Gegensatz zu Gran ist sie allerdings selbstbewusst und schlagfertig.
Wohl, weil sie eine Mission hat und die hat mit den unerfreulichen Geheimnissen zu tun,
die Carousel immer mehr verfallen lassen und in große Gefahr bringen. Nach und nach
erfährt Gran mehr, denn da herrschen unterirdische Winde, die tornadoartigen Hollows, die
die Stadt immer mehr untergraben. Trotzdem wundert sich Gran über das Verhalten der
Erwachsenen, denn als nun auch noch die Schule ins Bodenlose einbricht, gehen sie einfach
um das Loch herum und streiten weiter über die Politik.
Die Kinder jedoch erkennen, dass der Kampf gegen die Stabilitätsprobleme und überhaupt
die ganze Misere offenbar in ihren Händen liegt. Um das Böse, das dahintersteckt,
bekämpfen zu können, müssen sie aber in die Unterwelt eindringen und zu
Liftern werden, die des nachts im Wald mit magischen Türklinken in die Erde
eindringen.
Ob Catalina, Gran und die anderen überhaupt eine Chance gegen die Hollows haben? Immerhin
stellt sich heraus, dass deren alles bedrohende Stärke sich aus der Trauer und der
Mutlosigkeit der Menschen speist. Um sie zu besiegen und sogar zu vertreiben, braucht es
Hilfsbereitschaft, Mitgefühl und Freude untereinander.
Ein spannender Kampf setzt ein und zu den schönsten Freuden Grans zählt dabei das
Erleben echter Freundschaft. Während gerade die Gefühle in Zeiten der Pubertät eine
wichtige Rolle spielen und gekonnt einfließen, nutzt der Autor die fantasievolle
Geschichte auch für allerlei Spitze gegen die Welt der Erwachsenen. Bei all dem ist dies
ein feinfühlig geschriebener Kinderroman ohne heftige Gruselelemente, so dass junge Leser
ab etwa 10 Jahre hier einfach ein fesselndes Lesevergnügen aus einer ziemlich schrägen
Welt erleben.
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