GÜNTER KRENN: „KARLHEINZ BÖHM“


Bei dem Namen Karlheinz Böhm (1928-2014) fallen einem sofort zwei unvergesslich prägende Dinge ein: seine drei längst zum Kult gewordenen „Sissi“-Filme mit Romy Schneider und das von ihm gegründete Hilfswerk „Menschen für Menschen“ in Äthiopien.
Doch der Sohn des Star-Dirigenten Karl Böhm hat in seiner bewegten Vita weit mehr zu bieten als das. Was in der Biographie des Wiener Filmwissenschaftlers Günter Krenn unter dem Titel „Karlheinz Böhm – Die Welt ist Bühne“ deutlich wird. Für die Fußstapfen des dominanten Vaters reichte das musikalische Talent nicht, doch als Schauspieler konnte er sich früh durchsetzen.
Kommerziell gelang dem gut aussehenden Böhm eine erfolgreiche Karriere und das nicht nur wegen der noch heute immer wieder gezeigten „Sissi“-Streifen. Die ihn allerdings nicht so als quälende Festlegung für den Rest des Lebens verfolgen sollte wie Filmpartnerin Romy Schneider. Vielmehr stand er dazu und war für den großen Rum und dessen Wirkung als Türöffner für sein humanitäres Werk ausgesprochen dankbar.
Künstlerisch blieb vieles jedoch eher unbefriedigend einschließlich des Ausflugs nach Hollywood. Zum Tiefpunkt aber wurde im Nachhall des Sissi-Ruhms als beliebter Kaiser Franz Joseph der englische Thriller „Peeping Tom – Augen der Angst“. Man akzeptierte Böhm einfach nicht in der Rolle des psychopathischen Mörders. Was für ihn zum Karriereknick wurde, bedeutete für Michael Powell sogar den Ruin als Regisseur. Wobei der Flop später sogar zum Kultfilm erwuchs.
Eine Art zweiter Filmkarriere gelang Böhm in den 70er Jahren ausgerechnet mit Rainer Werner Fassbinder im Neuen Deutschen Film. Neben insgesamt 70 Kino- und Fernsehfilmen war Böhm aber auch ein Mann der Bühne. Hier hatte er in den 70er Jahren große Erfolge am Düsseldorfer Schauspielhaus. Zu den interessantesten Passagen der hervorragend recherchierten Biographie, für die Krenn nicht nur sehr umfangreiches Archivmaterial auswertete, sondern auch zahlreiche namhafte Wegbegleiter interviewte, gehören auch die durchwachsenen Hollywood-Jahre.
Und natürlich das sehr wechselhafte Liebesleben des Frauenfreundes, der fünfmal verheiratet war und außerdem diverse Affären hatte. Andererseits bleibt ihm ein ewiger Ruhm ungeschmälert erhalten: als Wohltäter „Mr Karl“ in Äthiopien. Detailliert wird die Geschichte der Stiftung „Menschen für Menschen“ geschildert, die am 16. Mai 1981 mit dem legendären Auftritt in der „Wetten, dass...“-Sendung ihren Anfang nahm.
Dieser verdiente Ruhm war ihm der liebste und insbesondere hierfür dankte er den „Sissi“-Filmen als Wegbereiter des Erfolgs. Fazit: eine beeindruckende Biographie über ein ebensolches bewegtes Leben einer stets sehr gewinnenden Persönlichkeit, die im Übrigen zahlreiche bislang unveröffentlichte Fotos zeigt.

# Günter Krenn: Die Welt ist Bühne – Karlheinz Böhm; 432 Seiten, div. SW-Abb.; Aufbau Verlag, Berlin; € 24

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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