BERND ROECK: DER MORGEN DER
WELT
Die Renaissance war jene große Revolution, die Europa grundlegend verwandelte und
maßgeblich dafür verantwortlich war, wie dieser vergleichsweise kleine Kontinent die
Welt eroberte und veränderte. Dieser Ära hat sich Bernd Roeck als einer der besten
Kenner des Themas mit einem Werk gewidmet, das nicht nicht weniger als eine
Universalgeschichte darüber darstellt.
Erschienen in der Historischen Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung, hat der Professor
für Neuere Geschichte an der Universität Zürich dieses Opus Magnum Der Morgen der
Welt. Geschichte der Renaissance überschrieben. Eine grundlegende Erkenntnis
durchzieht die Ausführungen dabei als Kernaussage: es gab keine Urknall für die
Renaissance, es fand kein Epochenbruch statt, vilemehr war die Zeit von 1400 bis 1600 ein
vielfältiger Übergang vom Mittelalter in die Moderne.
Eingangs formuliert Roeck dazu sieben Säulen der Moderne als roten Faden.
Dies sind klimatische und geografische Vorteile Europas, die Vielfalt der Staaten, die
kulturelle Konkurrenz, die rapide Entwicklung der Städte, die Eindämmung religiöser
Machtausübung bis hin zur Reformation und die Rückbesinnung auf den kritischen Diskurs
wie einst in der Antike, die nicht nur in Kunst und Architektur ein Vorbild für Neues
war.
Gleichwohl hätte die Renaissance ihre schließlich globale Entfaltung kaum annähernd so
schnell und umfassend erreicht ohne die siebte Säule, den just in dieser Zeit erfundenen
Buchdruck mit seinen grenzenlosen Vervielfältigungsmöglichkeiten. In der Folge geht der
Autor weit über Italien als Wiege der Renaissance hinaus und dies nicht nur hinsichtlich
des Zusammenwirkens der europäischen Schauplätze von Politik, Kunst, Kultur, Religion
und Philosophie.
Gleichsam einem Sonnenaufgang nach teils sehr finsteren Zeiten wird neues Denken
gefördert daher auch der Buchtitel das vor allem durch bahnbrechenden
Pragmatismus in Wissenschaft und Weltanschauung und durch die Offenheit für Neues und
Vielfalt entscheidend wird. Der Kampf gegen die theologisch kontrollierte Macht ist ein
heftiger und ausgerechnet die moderne befreiende Kunst des Buchdrucks ermöglicht ebenso
die Verbreitung des wohl übelsten aller Buchmachwerke: 1486 erschien Der
Hexenhammer und trat die Jahrhunderte dauernde Welle der Hexenverfolgung los.
In seiner bei aller Wissenschaftlichkeit überaus anschaulichen und sehr lebendigen Art
der Darlegungen überzeugt der Historiker immer wieder auch mit seinen Analysen. Hier
verknüpft er grundlegende Sachverhalte mit ebenso überraschenden wie erhellenden
Details. Und er bringt Aspekte hinein, die erst ein vollständiges Gesamtbild jener Epoche
geben. Da fließen dann solche weltbewegenden Ereignisse wie die Eroberung Konstantinopels
durch die Osmanen (1453), die Entdeckung Amerikas (1492) samt der Entstehung des
spanischen Weltreiches, aber eben auch die kleine Eiszeit im 16. Jahrhundert
mit ein.
Zugleich blickt Roeck auf die historischen Vorgänge außerhalb Europas wie im Nahen
Osten, China und Indien. Und macht erkennbar, warum die Renaissance in Europa erblühte
und von hier aus in eine neue Weltordnung überleitete. Bernd Roeck schreibt mit diesem
monumentalen Buch die Globalgeschichte des Beginns der Moderne und bietet dabei alle
Qualitäten für ein Standardwerk zu diesem komplexen Thema auf.
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