AGATHA CHRISTIE: DIE
AUTOBIOGRAPHIE
Agatha Christie (1890-1976) ist bis heute die mit Abstand erfolgreichste Krimi-Autorin der
Welt. Ihre schriftstellerische Arbeit beendete sie allerdings weder mit ihrem belgischen
Superdetektiv Hercule Poirot noch mit einem Fall für die kauzige Miss Marple sondern mit
Memoiren.
Schlicht Autobiographie überschrieben kamen die ein Jahr nach ihrem Tod 1977
heraus. Damit begonnen hatte sie jedoch bereits im April 1950 in ihrem damaligen Haus im
irakischen Nimrud. Am 11. Oktober 1965 schloss sie die Aufzeichnungen ab, kurz nach ihrem
75. Geburtstag, und es blieben die letzten Zeilen.
Es sei ja alles niedergeschrieben, was sie zu sagen habe, und das gelte auch für alle
Geschichten und Erfindungen. Erst 2010 gab es eine englische Neuauflage, diesmal auch
versehen mit einem Vorwort ihres einzigen Enkels Mathew Prichard. Der verriet zu dem
Langzeitwerk seiner geliebten Großmutter ein kleines Geheimnis: die Vielschreiberin hatte
einen großen Teil der Autobiographie über eine Grundig-Memorette-Diktiermaschine auf
Bänder gesprochen und jeweils ihrer Sekretärin zum Schrieben geschickt.
Und was die geadelte Autorin da über 15 Jahre an Erinnerungen von der glücklichen
Kindheit über die erste, unglücklich endende Ehe bis hin zum Welterfolg und später
über die zweite Ehe diesmal lange während und glücklich ausbreitet, liest
sich auch heute noch mindestens so geistreich und lebendig wie ihre Romane. Die
Kinderjahre schildert sie liebevoll, während die Jahre des Ersten Weltkriegs vor allem
beschreiben, wie die Kriegsfreiwillige im Apothekendienst des Militärs Kenntnisse mit
allerlei Giften sammelte, die für die Krimi-Autorin später von größtem Nutzen wurden.
Voller Anekdoten sind diese Memoiren, die zugleich spannende Reiseberichte umfassen und
auch ganz viel von den Lebensbedingungen im Vereinigten Königreich. So pressescheu
Christie stets war, so offen und oft auch humorvoll bis selbstironisch gibt sie hier viel
Interessantes preis. Als Alleinreisende mit dem Orient-Express bis Bagdad 1928,
archäologische Touren mit Ehemann Max Mallowan, einem Orient-Forscher, und so manches
Abenteuer mehr.
Kein Wort aber lässt sie fallen über jene mysteriöse Affäre, als sie während des
Auseinanderbrechens ihrer ersten Ehe tagelang verschwunden war und entweder Selbstmord
oder eine Entführung vermutet wurden. Doch auch ohne diese Episode ist es nicht nur für
die noch heute große Schar Agatha-Christie-Verehrer ein Vergnügen, diese Memoiren einer
hochintelligenten und charmanten Autorin erneut lesen zu können.
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