HELEN FITZGERALD: EX
Catriona Cat Marsden hält es durchaus für möglich, dass sie zu recht im
Cambusvale Gefängnis sitzt, aber erinnern kann sie sich nicht an die drei Morde. Immerhin
hatte sie mit den Ex-Liebhabern direkt vorher Sex und die Gartenschere, mit denen die
jungen Männer dann entmannt wurden, fand man auch bei ihr.
Dass sie bei der Identifizierung eines abgetrennten Teils in der Gerichtsmedizin
dummerweise auch noch lachen musste, brachte sie hinter Gitter. Zugleich leitet diese
Szene Helen FitzGeralds Thriller Ex ein, in dem die in Schottland lebende
Australierin mit der langjährigen Erfahrung als Sozialarbeiterin in Gefängnissen einmal
mehr auf spannende Weise mit Entsetzen scherzt.
Die schon als Mädchen ein wenig gestörte Cat hatte in Liebesdingen immer nur mäßig
Glück. Dass die drei längerwährenden Partnerschaften nicht hielten, war aber nicht nur
Schuld der Herren. Beruflich dagegen hatte es die rothaarige Mittdreißigerin mit ihren
Wohndesigntalenten bis zum Fernsehstar gebracht. Und nun endlich stand auch das
Liebesglück einschließlich Heirat bevor dank des italienischen Arztes Joe, der eine
zeitlang in Schottland gelebt hatte.
Um so schlechter war ihre Idee, die Ex-Partner in der Woche vor der Hochzeit noch einmal
zu treffen. Das Schlechteste daran war allerdings diese Macke, in Sexdingen etwas arg
bedenkenlos zu reagieren, zumal die drei es auf so fatale Weise nicht überlebten. Doch
wie ist es dazu gekommen Cat hatte schon früher in Stresssituationen eine Neigung
zu Blackouts. Nur Mutter Irene, die Cats Vater früh durch Suizid verlor, hält ähnlich
unverbrüchlich zu ihr wie Anna, die schon zu Schulzeiten innig verliebt in Cat war.
Und es taucht Janet Edgely auf, eine sehr verständnisvolle Journalistin, der sich Cat
öffnet. Was für eine skrupellose Hyäne sie da aber in Wirklichkeit bis in letzte
Details für eine Biografie aushorcht, erkennt die fassungslose Mordverdächtige erst, als
sie das reißerische Machwerk als Vorabdruck in den Händen hält. Immer wieder hat die
Schreiberin Cats Worte und Schilderungen so gedreht und gewendet, bis daraus die
verkaufsträchtige Vita eines psychopathischen Erotikmonsters geworden ist.
Damit dürften jegliche Chancen für Cat hinüber sein, zumal sie bei aller Empörung
selbst an ihrer Unschuld zweifelt. Dass sich dann doch noch eine Wendung zum vermeintlich
Guten ergibt und sie sogar aus der Haft freikommt, heißt aber noch lange nicht, dass sie
damit auch tatsächlich frei ist. Mehr jedoch darf über die weiteren ebenso raffiniert
wie rasant geknüpften Fäden nicht verraten werden.
Schließlich wartet die Autorin in schon gewohnter Weise mit einem hinreißenden
Katz-und-Maus-Spiel auf, das bis zuletzt intelligente Hochspannung beschert. Fazit: wer es
deftig mag, eine tiefschwarze Komödie um Mordtaten mit Gänsehauteffekt zu schätzen
weiß und obendrein souverän gestaltete Hochspannung sucht, ist bei Helen FitzGerald auch
diesmal bestens aufgehoben.
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