CLAY CARMICHAEL: ICH BIN KEIN
ANDERER
Mit drei Jahren wurde Billy Waise und nun mit 17 stirbt Mem, seine geliebte Großmutter,
die ihn von klein an Bruder nannte und ihm seither ein großer Halt war. Von
seinen familiären Hintergründen wusste er nur, dass Mems Mann im Vietnam-Krieg gefallen
und dass er nun also ganz ganz allein war.
Bis er in Mems Sachen einen Zeitungsartikel über Senator Gideon Grayson entdeckt. Darin
auch das Foto eines Jungen, der ihm ähnlich sieht wie ein eineiiger Zwilling. Der
allseits gefürchtete Politiker hatte diesen Gabe einst adoptiert. Billy will und muss
unbedingt herausfinden, was es damit auf sich hat, auch wenn er weder Geld noch Auto hat,
um zum fernen Refugium der Graysons zu gelangen.
Damit beginnt Clay Carmichaels neuer Jugendroman Ich bin kein Anderer und er
mündet alsbald in eine ungemein fesselnde Suche nach Identitäten und den komlizierten
Geheimnissen der Familien. Es gelingt Billy, zu seinem Bruder zu gelangen, doch der eher
gradlinige Teenager aus der Provinz trifft dort auf eine Upper- Class-Familie, die sich
ihres Reichtums und ihrer Macht sehr bewusst ist. Zwillingsbruder Gabe entpuppt sich als
einerseits sehr ähnlich, andererseits ist er extrem verzogen und aufsässig.
Die eigentliche Herausforderung für Billy aber ist diese gravierende Andersartigkeit in
dieser vom ebenso dünkelhaften wie despotischen Senator beherrschten kleinen Welt. Hier
gelten andere Maßstäbe und Familie bedeutet Machtgefüge, besonders durch Gabe wird
jedoch auch die alte Weisheit bestätigt, dass Geld nicht glücklich macht, sehr wohl
dagegen zwischenmenschlich zu korrumpieren vermag.
Es geschieht gar nicht viel in diesem Roman eines Erwachsenwerdens und dennoch fesseln die
tiefgründigen Enthüllungen von verwinkelten Strukturen und einschneidenden Ereignissen
ungemein. Das liegt vor allem an den großartig gezeichneten Charakteren und den
hervorragenden Dialogen. Niemand in dieser Geschichte ist perfekt, manche Protagonisten
allerdings spielen glanzvolle Nebenrollen wie Kit, die sympathische
Schrotthändlerstochter, oder Billys Jugendfreund Cole. Und nicht zu vergessen Billys Hund
Trooper, der so manche Szene bereichert.
Fazit: ein ruhiger Roman mit einer dennoch spannend erzählten Familiengeschichte, der
nicht nur für Teenager ein großes Lesevergnügen bietet.
|