STEVEN GALLOWAY: DER
ILLUSIONIST
Martin Strauss hat ein turbulentes Leben gehabt, verlief es doch an der Seite des
weltbekannten Magiers Harry Houdini (1874-1926). Wobei die Krönung war, dass er ihn
schließlich ins Jenseits beförderte. Doch Vorsicht wer war dieser Martin Strauss
und was darf man ihm überhaupt glauben?
Tatsächlich litt dieser Mann an einer seltenen neurologischen Krankheit, der
Konfabulation. Dabei wird das Gehirn so angegriffen, dass es viele Erinnerungen verliert
und quasi als Ausgleich neue erfindet. Aus diesem Zwiespalt hat der kanadische
Erfolgsautor Steven Galloway den hochgradig konfabulierenden doppelbiografischen Roman
Der Illusionist geschaffen.
Strauss kann mit der Diagnose seines Arztes nicht viel anfangen, fühlt sich jedoch nun,
ein Jahr nach Houdinis mysteriösem gewaltsamen Tod bemüßigt, sein Leben mit ihm zu
schildern. So springt diese vermeintliche Lebensgeschichte hin und her mit der romanhaft
ausgeschmückten, dafür aber echten Biographie des Ehrich Weisz, später als Houdini ein
vielfach umjubelter Star. Dessen Anfänge als bettelarmer Zauberkünstler auf kleinen
Hinterhofbühnen dienen in erster Linie dem Unterhalt der in die USA eingewanderten
jüdischen Familie.
Schon hier aber werden spannende Blicke in das virtuose Handwerk als Zauberer und
Gedankenleser gewährt und die steigern sich mit zunehmendem Erfolg. Wie Houdini seine
Tricks erarbeitet, wie er die Bühnen der Welt erobert, das fasziniert. Bis hin zu
unvergessenen spektakulären Auftritten, wenn er sich als Entfesselungskünstler unter
Wasser aus Zwangsjacken oder gefährlichen Ankettungen befreit. Und Martin Strauss
vermeintlich immer an seiner Seite.
Das folgt dann auch Houdinis mutmaßlicher Arbeit für verschiedene Geheimdienste wie auch
dessen Wirken in spiritistischen Zirkeln, obwohl er selbst gar kein Spiritist war.
Vielmehr lehnte er sich immer mehr gegen dieses damals sehr populäre Treiben auf, wobei
es unter anderem zum heftigen Zerwürfnis mit Arthur Conan Doyle kam, mit dem der Magier
zunächst eng befreundet war. Der berühmte Schriftsteller lässt sich jedoch auch von
noch so vielen logischen Beweisen nicht von seinem Aberglauben abbringen.
Für seinen angeblichen ständigen Begleiter Strauss jedoch wird es bitter, denn Houdinis
Tod durch einen nie ganz geklärten Zwischenfall heißt für ihn Flucht. Und weiter
tänzelt dieses filigrane Spiel zwischen Illusion und Wirklichkeit, zwischen Täuschung
und Wahrheit und fesselt bis zuletzt. Dazu tragen neben der eleganten Prosa vor allem auch
die Beschreibungen so mancher Tricks des Magiers bei, die diese Lektüre zu einem
versponnen und zugleich lebensprallen Genuss machen.
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