JESSICA KHOURY: TWIN
ISLAND
Mit Die Einzige legte Jessica Khoury einen atemberaubenden Wissenschafts- und
Abenteuerroman vor. Dort ging es in einem geheimen Camp im Regenwald am Amazonas um
hochspannende wissenschaftliche Entwicklungen zur Unsterblichkeit. War das noch ein eher
utopisches Thema, hat ihr neuer Jugendthriller Twin Island. Das Geheimnis der Sophie
Crue ein ungleich realistischeres Forschungsziel und lässt gerade deshalb
frösteln.
Der Roman beginnt recht verhalten, wenn die 17-jährige Sophie einen Mail-Notruf ihrer
Mutter erhält, sofort zu ihr zu dem Forschungslabor auf Skin Island zu kommen. Für die
Piloten auf den Marianen-Inseln im Pazifik gilt das Eiland als jedoch Geisterinsel und
erst in Jim Julien, dem abenteuerlustigen Freund aus ihren Kindertagen hier, findet Sophie
einen Mutigen. Doch schon bei der Landung auf der offenbar stark abgeriegelten Insel nimmt
das Flugzeug durch Sabotage erheblichen Schaden.
Im Nu taucht Nicholas auf, ein charmanter und zugleich rätselhafter Teenager, der Sophie
sogleich gefällt, wogegen Jim ihm misstraut. Nicholas aber bringt Sophie zu ihrer Mutter
Moira Crue, die jedoch ist erschrocken über ihr Auftauchen, denn sie hatte nie einen
Notruf abgesandt. Zugleich geistert Jim im Labor herum und findet in einem Krankenzimmer
die tief schlafende Sophie. Die er sofort rettet.
Was er nicht ahnte: nicht sie ist es, sondern ihr Zwilling namens Lux, geboren als Vitro.
Wie sich allmählich herausschält, wurde sie wie eine Reihe weiterer, noch nicht
erweckter Teenager per In-Vitro-Fertilisation im Reagenzglas erzeugt. Noch
während des embryonalen Gehirnwachstums wurden ihnen Computer-Chips eingepflanzt, die
ihnen durch einen entsprechenden Datentransfer überragende Fähigkeiten vermitteln.
Möglich wird das durch die auf Skin Island unter strengster Geheimhaltung entwickelte
Mensch-Maschinen-Hybridtechnik.
Als Jim auf der Flucht mit Lux nun von den Wachmannschaften gejagt wird, muss er erleben,
dass dieses vermeintlich so schwache Geschöpf plötzlich zu einer kampfstarken Furie
wird, als man ihn angreift. Und damit eröffnet sich ein haarsträubendes Geheimnis der
Vitros, denn der Clou des eingepflanzten Chips ist die dabei genutzte Prägetechnik. Wie
beim tierischen Prägeinstinkt wird der Vitro von der ersten Person, die er jemals
wissentlich erblickt, absolut geprägt, nur um ein Vielfaches stärker als in der
Tierwelt. Lux, als Typ 3-Bodyguard präpariert, steht somit ab sofort und unwiderrufbar
unter ständiger Verteidigungs- oder Angriffsbereitschaft zugunsten Jims.
Doch die Ereignisse überschlagen sich in immer rasanterem Tempo, denn zum Einen stören
die Eindringlinge wichtige Verhandlungen mit einem milliardenschweren Investor, zum
Anderen sind die Vitros zwar bereits markttauglich aber noch nicht perfekt. Die
eigentliche hochbrisante Gefahr sind allerdings der rebellische Nicholas und drei weitere
einst misslungene Vitros ohne Prägung, die völlig skrupellos sehr eigene Ziele
verfolgen. Übertroffen werden sie in ihrem gewissenlosen Zynismus nur noch von der
despotischen Victoria Strauss, der Chefin des Forschungsprogramms, die auch vor Mord nicht
zurückschreckt.
Ebenso spannende wie entlarvende Erkenntnisse werden derweil durch Sophie gewonnen, die
nicht nur entsetzt über die verwegene Forschungsarbeit ihrer Mutter ist, sondern auch
unfassbare Wahrheiten über sich selbst und ihre Zwillingsschwester erfahren muss. Doch
das elektrisierende Geschehen wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt und ist so
voller Wendungen, Überraschungen und Action, dass ein James-Bond-Film fast wie
Kindergeburtstag dagegen wirkt. In einem aber ähnelt dieser infernalische Thriller den
007-Streifen sehr in dem hochdramatischen und explosiven Finale.
Was Twin Island auch qualitativ zu einem Juwel des Genres macht, sind neben
den überzeugenden Figuren gerade auch die brisanten ethischen Inhalte mit solch
fragwürdigen Forschungsansätzen, Sklaven ohne Identität, Willen und Gefühle zu
erschaffen. Da lässt nicht erst der makabre Tanz der vorzeitig erweckten und noch
orientierungslosen Vitros frösteln. Fazit: eine ebenso mitreißende wie faszinierende
Lektüre für junge Leser ab etwa 14 Jahren, aber ebenso auch für erwachsene Leser, die
ein außergewöhnliches Thema zu schätzen wissen. Bleibt eine dringende Empfehlung
das muss unbedingt verfilmt werden!
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