DIETER HILDEBRANDT: LETZTE
ZUGABE
Ein ganz großes Geschenk hat Dieter Hildebrandt seinen Millionen von Verehrern
hinterlassen: eine Sammlung von Texten, fast alle im letzten Jahr geschrieben, und selbst
ein Entwurf für den ersten Auftritt nach seiner erhofften Genesung, den er im Dezember
2013 mit der einst von ihm mitgegründeten Münchner Lach- und
Schießgesellschaft geplant hatte, ist darunter.
Letzte Zugabe ist der Band überschrieben und er ist angereichert mit
Illustrationen seines langjährigen Freundes, des Karikaturisten Dieter Hanitzsch. Das
Buch endet mit einem berührenden Nachwort von Roger Willemsen, mit dem Hildebrandt in den
letzten sieben Jahren eng zusammengearbeitet hatte. Dieser durfte immer wieder als eine
Art Vorkoster die fast täglichen Ideen und Texte des Doyens aller deutschen Kabarettisten
sein.
In seiner vollauf berechtigten Bewunderung nennt Willemsen den ebenso bissigen wie
schalkhaften Meister der geschliffenen Zunge einen Unverzichtbaren mit der
Liebe zum Unbotmäßigen. Mal sind es nur kurze Splitter, mal ganze Abhandlungen, die
Hildebrandt bis kurz vor seinem letzten Krankenhausaufenthalt verfasste. Ein einzigartiges
Juwel unter all den Pretiosen ist seine Rede anlässlich der Verleihung des
Erich-Kästner-Preises, in der er seine eigenen Anfänge skizziert, aber auch die hohe
Wertschätzung für den großen Romanciers ausdrückt, der ihm nicht nur als Satiriker ein
Vorbild sondern auch ein Förderer für ihn war.
Blitzt in Vielem noch einmal dieser hinreißende spitzfindige und hintersinnige Humor auf,
lässt er in seinen Texten für den störsender.tv - diesen einzigartigen
unabhängigen Internetauftritt für investigativen Journalismus und harscher Satire hatte
er mit 86 Jahren gegründet! - noch einmal seinen unermüdlichen Kampfgeist aufleuchten.
Bis zuletzt mitten im aktuellen Tagesgeschehen ätzte er hier mit unerbittlicher
Präzision.
Und liest man die blitzgescheiten Texte, hat man auch diese freundliche Stimme, die sich
so herrlich aus dem Stand heraus aufregen konnte, mit diesem unvergleichlichen Verhaspeln
und Nuscheln im Ohr, und das alles mit hohem Wissen und tiefer Menschlichkeit
unterfüttert. Fazit: posthum überreicht uns der Großmeister des deutschen
Nachkriegskabaretts noch einmal einen galligen Bericht zur Lage der Nation
großartig wie all die Jahrzehnte, aber leider zum letzten Mal.
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