- Geschrieben von: Wolfgang A. Niemann
- Kategorie: Belletristik (Non-Fiction)
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MICHAEL LENTZ: „GRÖNEMEYER“
Herbert Grönemeyer hatte eine halbwegs erfolgreiche Karriere als Schauspieler (u.a. „Das Boot“), als Musiker jedoch ist er seit mittlerweile über 40 Jahren eine Ausnahmeerscheinung mit millionenfach verkauften Tonträgern und sensationellen Tour-Erfolgen.
Vor allem aber ist Grönemeyer von Beginn an sein eiegener Komponist und Texter gewesen mit zahlreichen Stücken, die aus dem Mainstream herausragen und Kult geworden sind. Dieses künstlerischen Schaffens hat sich nun Michael Lentz angenommen, selbst Schriftsteller und Lyriker und außerdem ein guter, wenn auch nicht enger Freund des Künstlers.
In seinem schlicht mit „Grönemeyer“ überschriebenen Buch widmet er sich auch der Vita und hier insbesondere den verschiedenen künstlerischen Stationen seiner Zielperson. Im Mittelpunkt steht jedoch das Musikschaffen, das er aus eigenen Analysen aber auch auf Grundlage vieler Gespräche mit dem Sänger untersucht.
Der Vollblutmusiker Grönemeyer als ein Zeitgeistphänomen über Jahrzehnte gewissermaßen als Mentalitätsgradmesser einer ganzen Nation mit prägenden Texten. Da wird der Schaffensprozess dahinter zu einem spannenden Aspekt. Schon ein Grundsatz Grönemeyers lässt da aufhorchen, wenn er darauf besteht, dass ein Lied für ihn immer eine gewisse Unruhe ausstrahlen müsse: „Es darf nie bequem werden.“
Die eigentliche Überraschung aber ist Grönemeyers Gewichtung von Musik und Text, denn im Gegensatz zu den meisten Komponisten anspruchsvoller bis komplexer Lieder folgt bei ihm der Text der Musik: „Herbert Grönemeyer vertont kleine Texte, er vertextet Musik.“
Lentz verschafft einen Einblick in die Lieder-Werkstatt des Stars, der eine neue Melodie üblicherweise mit in der Branche als „Bananentext“ bezeichneten Nonsenszeilen belegt und daraus dann einen kompletten Songtext aufbaut.
Diesem Schaffensprozess folgt Lentz mit etlichen Beispielen, wobei er aber auch auf Bausteine der Texte, ihre Struktur und Singbarkeit eingeht. Doch auch die Kompositionsarbeit nimmt er eingehend unter die Lupe und wird dabei teils recht fachspezifisch.
Man erfährt sehr viel aus Grönemeyers Arbeit und der Umsetzung seiner Werke, während das Biografische auf weitgehend bekannte Konturen und die ein oder andere Anekdote beschränkt bleibt. So entsteht ein interessantes hybrides Bild des Künstlers, das sich mehr mit der Exegese als der Person befasst. Die allerdings durchaus außergewöhnlich ist und Einblicke in die künstlerische Grundlagenarbeit wie bei nur wenigen Kreativen gibt.
# Michael Lentz: Grönemeyer; 381 Seiten; S. Fischer Verlag, Frankfurt; € 28
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)