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BELLA MACKIE: „WHAT A WAY TO GO“
Anthony Wistern zählt zu Londons strahlendsten Finanzgrößen, alles mit ungeheurer Dynamik selbst erarbeitet. Für den heutigen 60. Geburtstag hat Ehefrau Olivia auf dem Landsitz in den Cotswolds eine pompöse Gartenparty nur vom Feinsten arrangiert.
Doch Anthony hat nicht lange etwas davon, denn als er zu sich kommt, befindet er sich im Aufnahmezentrum fürs Jenseits. Und damit beginnt Bella Mackies neuer Roman What a Way to go“. Ich-Erzähler Anthony ist in dem so unendlich weit unter seinem Lebensniveau etablierten Zentrum, weil er vor dem nächsten Schritt zunächst die Umstände seines Ablebens aufklären muss.
Das schon recht abstrus war, denn man fand ihn im festlich geschmückten Teich des großen Gartens, aufgespießt auf eine Metallstange im Wasser. Zum großen Ärger von Ich-Erzählerin Olivia: „Ich hatte schon immer gewusst, dass Anthony die Sache irgendwie verderben würde, weil er nie etwas ernst nehmen konnte.“
Dabei hatte die kühle Lady aus der Upper Class – wegen dieses Status hatte der neureiche Aufsteiger sie ja einst geheiratet – mit Luxus nur so um sich geworfen. Eben um zu beeindrucken, denn Neid auf Stil und Glamour ist ihr Lebenselixier. Um so mehr, als ihre vier Kinder, die sie teils aus taktischen Gründen bekommen hatte, an Undankbarkeit und Gier kaum zu überbieten sind und jetzt ihr einziges Interesse an dem Ereignis natürlich das Erbe ist.
Und es sei ganz klar gesagt: dies ist nicht unbedingt ein krimi, sondern vielmehr ein exzellenter Gesellschaftsroman. Da treffen schwarzer britischer Humor und genüsslich ausgebreiteter Dünkel von der ganz hochnäsigen Sorte auf fantasiereiche Satire.
Wo dann Anthony vom Aufnahmezentrum aus alles so genau betrachten kann, dass er sämtliche Sottisen seiner Hinterlassenen exakt verfolgt, ohne sich natürlich bemerkbar machen zu können. Das kalte Geschacher der Erben verwundert den bisher ebenso skrupellosen wie genusssüchtigen Lebemann kein bisschen. Und er weiß ja, dass er der Brut seinerseits „eine hässliche Überraschung vorbereitet“ hatte.
Während die Polizei den Fall mit begrenzter Cleverness zwar zwar ungehobelt aber auch mit gewisser Unterwürfigkeit gegenüber dieser Superreichen untersucht, kommt nun eine dritten Erzählstimme hinzu. Jade, eine junge Bloggerin aus der Nachbarschaft, die persönlich unerfreuliche Erinnerungen an Anthonys Attitüden hat, beginnt zu recherchieren.
Als „Die Wahrheit“ schnüffelt sie ungeniert herum und stellt teils recht intime, teils einfach nur krude Details, Mutmaßungen und Behauptungen ins Netz. Mehr als alle Anderen ist sie sich sicher, dass Anthonys Tod kein Unfall war. Und die Zahl ihrer Abonnenten steigt rasch an.
Aber auch der genervte zum reinen Beobachter Verdammte rätselt weiterhin über den eigentlichen Vorgang. Zugleich eröffnet sich zunehmend, wie sehr der selbstherrliche Patriarch die Cleverness seiner unterkühlten Vorzeigegattin unterschätzt hat.
Und die Spirale dreht sich immer weiter mit raffinierter Dramaturgie und hinreißenden Überraschungen. Es wird immer verrückter und das wird elegant ausgekostet – darf hier aber nicht weiter ins Detail gehen. Fazit: mit akribischem psychologischem Fingerspitzengefühl funkelt diese herrlich „political incorrect“ Satire als Lesevergnügen der anspruchsvollen Art.


# Bella Mackie: What a Way to go (aus dem Englischen von Sylvia Bleker, Bernhard Kleinschmidt und Henriette Zeitner-Shane); 446 Seiten; Heyne Verlag, München; € 24
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)