- Geschrieben von: Wolfgang A. Niemann
- Kategorie: Belletristik (Roman/Krimi)
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HENNY ARLAND: „UND WIEN LEUCHTETE“
Anna Sacher (1859-1930) war als Chefin des berühmten „Hotel Sacher“ die ungekrönte Königin Wiens. Doch die österreichische Metropole hatte vor und vor allem auch in den Zeiten zwischen den Weltkriegen weit mehr als nur diese eine starke, selbstbewusste und prägende Frauengestalt.
Die Erfolgsautorin Henny Arland hat eine Gruppe der Herausragendsten in den Mittelpunkt eines Gesellschaftsromans gestellt. Wenn der der Titel 2Und Wien leuchtete“ heißt, ist insbesondere die Epoche am Ende der 20er Jahre gemeint.
Die meisten der im Mittelpunkt stehenden Akteurinnen sind dabei historische Persönlichkeiten, wenngleich die Autorin betont, dass es sich – weitgehend – um einen Roman handelt. Zu dem sie eingangs quasi als Orientierung die gesellschaftlichen Gegebenheiten, in denen diese Frauen ihre oft ausgesprochen emanzipierte Rollen spielten, beschreibt.
Und sie nennt es beim Namen, was die Wiener in diesem Nachkriegsjahrzehnt umtreibt: „Freiheit, Sex, dauerhafte Geilheit und wozu das alles führen kann.“ Dabei sind die Wiener an sich zwar charmant und gierig auf Vergnügen, das jedoch mit einer Neigung zur Doppelmoral.
Mit spitzer Zunge, viel Schmäh und sehr feminin spießt die Autorin die gesellschaftliche Situation auf, in der die wichtigsten Mitspielerinnen für ihre stellung einen gewissen Wohlstand benötigen. Den aber konnten sie seinerzeit nur per Heirat oder Erbe ergattern. Generell jedoch zeichnet Henny Arland ein authentisches Bild der brodelnden Metropole und stellt zum aktuellen Erscheinungsbild fest: „Wien ist eine Frau.“
In das kommt nun im Jahr 1928 aus Berlin die junge Journalistin Elisabeth Wimmer und will für die Mode-Illustrierte „Die Dame“ eine Reihe über berühmte Wiener Frauen schreiben. Zu ihren Zielpersonen gehören Berta Zuckerkandl, Madame d'Ora, Alma Mahler, Katharina Schratt und die Mode-Zarin Emilie Flöge.
Noch hat die kesse Berlinerinnen die große Anna Sacher nicht angeschrieben, doch gerade die ruft nun ihresgleichen zusammen. Misstrauen ist angesagt, denn hinte welche Geheimnisse will die Journalistin womöglich herschnüffeln? Da wäre ja schon einiges im Verborgenen, denkt man allein an die legendäre „Komtess Mizzi“ (es gab sie wirklich!), die für die Herren der Gesellschaft eine illustre Rolle spielte. Und immer noch trauert man dem großen Maler Klimt mit seinen spektakulären Frauengemälden und ebensolchen Affären nach.
Tatsächlich hat das deutsche Fräulein sehr eigene Interessen, die auch mit einem nie vergessenen Skandal zu tun haben. Doch auch ansonsten tun sich interessante Verflechtungen auf und es entwickelt sich ein fein gesponnenes Gesellschaftsbild, das gerade auch dadurch besticht, dass es auf reportagehafte und zuweilen beinahe satirische Weise ausgebreitet wird.
Dass die Autorin immer wieder Wienerisches aber auch Tratsch und Klatsch einfließen lässt, erhöht noch den Reiz dieses sehr femininen Lesevergnügens.
# Henny Arland: Und Wien leuchtete; 315 Seiten; dtv Verlag, München; € 24
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)