- Geschrieben von: Wolfgang A. Niemann
- Kategorie: Belletristik (Roman/Krimi)
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SIMON STALENHAG: „SWEDISH MACHINES“
Es beginnt als ScienceFiction, bekommt jedoch bald mit einer komplexen Beziehungsgeschichte eine zweite Ebene: das neue Werk des sweidischen Ausnahmekünstlers Simon Stalenhag. Und auch bei „Swedish Machines“ heißt der Untertitel ausdrücklich „Ein illustrierter Roman“.
Die ganzseitigen Illustrationen sind auch hier ein gewichtiges dramaturgisches Element dessen, was von Ich-Erzähler Linus ausgebreitet wird. Am Anfang stehen jedoch eine Art tabellarischer Sachstandsbericht und eine Landkarte der Insel Akerö.
Mitten in dem Gebiet errichtete der Rüstungskonzern Swedish Machines eine Forschungs- und Erprobungsanlage für eine einzigartige Strahlenkanone, in deren Zentrum das „Tetraeder“ steht, ein futuristisch wirkender Bau.
Bei dem Probeschuss am 12. Juli 1980 erfolgte jedoch eine millionenfach überhöhte Explosion, so dass es zu einer Kollision von Raum und Zeit und einer 40 Kilometer in den Himmel steigenden Rauchsäule kam, die für verfinsterte Jahre ähnlich dem nuklearen Winter sorgte.
Wegen der totalen Verwüstungen auf 95 Quadratkilometer Fläche und möglichen Strahlungen wurde das gesamte gebiet abgeriegelt und zur Sperrzone Svartlöten deklariert. Im Übrigen wurde später ruchbar, dass Arbeiter, die zu Untersuchungen in die Zone eindrangen, unheilbar nervenkrank wurden.
Dann springt das Geschehen rund 20 Jahre weiter zu Linus und seinem einstigen engen Freund Valter. Die Beiden hatten sich nach der Schule ziemlich aus den Augen verloren, Der sensible Linus litt unter seiner zerrissenen Familie, machte nach dem Abitur jedoch seinen Weg. Valter dagegen hatte die Schule nach einer Familientragödie abgebrochen.
Die Wiederannäherung aber führt Linus nach Akerö, denn Valter arbeitet dort die für die Überwachung der Sperrzone zuständigen Sicherheitsfirma. Und ist fasziniert von den Überresten und Deformationen des von der Öffentlichkeit inzwischen weitgehend vergessenen Katastrophengebiets. Für dessen heimliche Erkundungen er seinen Job immer wieder ausnutzt.
Zugleich erzählt Linus im Du-Gespräch scheu von seinen schon damals empfundenen tiefen Gefühlen für Valter, denen der vermutlich nicht abgeneigt ist. Da wird die düster bedrohliche, zerrissene äußere Welt zum Abbild des Ringens um eine Öffnung füreinander. Die dunkel gehaltenen Bilder der Ödnis mit ihren bizarren technischen Trümmerlandschaften machen die aufgewühlte Seelenlage auf packende Weise spürbar.
Das hat etewas Unheimliches und vermittelt zugleich eine beinah pseudoreligiöse Realität, wie sie Simon Stalenhag so tief beeindruckend darzustellen vermag – mehr als je zuvor in diesem vierten seiner außergewöhnlichen Meisterwerke der Erzählkunst.
# Simon Stalenhag: Swedisch Machines. Ein illustrierter Roman (aus dem Schwedischen von Stefan Pluschkat); 184 Seiten, farbig ill., Mittelformat; TOR bei S. Fischer, Frankfurt; € 38
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)