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THOMAS THIEMEYER: „ZEFIRA“
Maddie O'Brien ist Essenslieferantin in Neu-Hongkong, was jetzt im Jahr 2049 ein gefährlicher Job ist wegen all der Banden, die die Straßen unsicher machen. Dennoch ist sie zufrieden mit dem Leben, denn im Restaurant von Adoptivmutter Matoka geht es ihr relativ gut.
Bis sie eines Tages eine etwas seltsame Frau beliefern soll und dabei in einen Überfall auf diese hineingerät. Prompt wollen die jugendlichen Täter Maddie als lästige Zeugin beseitigen – indem sie sie aus dem Fenster im sechsten Stock eines Hochhauses werfen.
In Ihrer Todesangst aber meldet sich plötzlich eine Stimme in ihrem Kopf: „Ich bin Zefira. Ich werde uns retten.“ Und das geschieht tatsächlich mit der Entfaltung außergewöhnlicher Kräfte. Womit der jüngste Jugendthriller von Thomas Thiemeyer ins Volle springt zu einer schier unglaublichen Jagd voller Rätsel, Geheimnisse und Action.
„Zefira. Es hätte sie nie geben dürfen“ heißt der volle Titel und sehr bald werden Typen auf Maddie und ihre selstame Schwester im Kopf aufmerksam, die sie gnadenlos jagen. Dazu lernt man Direktor Chun Zhao kennen, Herrscher über die mächtige Helix-Corporation. Die hatte nach einem Skandal das Ikaurs-Programm einstellen müssen. Mit ihm sollte gewissermaßen eine gezielte Evolution des Menschen ermöglicht werden.
Doch die Menschenversuche hatten fatale Ergebnisse. Insgeheim überlebten jedoch einige Probanden und diese intern „die VIER“ genannten zeigen hohe Überlegenheit in IQ und körperlichen Fähigkeiten. Allerdings müssen sie wegen mentaler Instabilität unter schweren Drogen im Griff gehalten werden.
Für Maddie wird es derweil wild, denn einerseits wird sie gehetzt, weil der eiskalte Zhao heimlich wieder an Ikarus forschen lässt und seine Überwachungssysteme die ungewöhnlichen Schwingungen bei Zefiras Einsätzen mit ihrer alles übersteigenden psychotronischen Intensität registriert haben – ist sie eine bisher übersehene fünfte „Erweckte“ aus dem Programm?!
Andererseits werden Maddie Informationen zugespielt, durch die sie an ganz heikle Dokumente über Ikarus kommt. Dass sie im Kampf darum dank Zefira sechs versierte Krieger ins Jenseits befördert, bleibt ebenfalls nicht unbemerkt. Und allmählich wird das Ausmaß der Ikarus-Pläne erkennbar, denn es geht um weit mehr als um Lebensverlängerung und Wunschkinder aus dem Katalog.
Ohne zu viel von der weiteren atemberaubenden Handlung zu verraten: Maddie erfährt einiges aus ihrer Vergangenheit, das mit den jetzigen Ereignissen zu tun hat, aber sie gerät auch mit einigen wichtigen Gefährten trotz Zefiras Superkräften in die Gefangenschaft der Helix-Corporation und das gesamte Geschehen treibt in ein irres Finale voller überraschender Wendungen.
Thomas Thiemeyer beweist einmal mehr seine tiefgründigen Thrillerqualitäten, doch dieser hochklassige Roman bietet obendrein einige sehr interessante Passagen, die Timo Grubing mit Graphic-Novel-Elementen beigesteuert hat. Fazit: eine anspruchsvolle Mischung aus Dystopie und Fantasy, die nicht nur junge Leser ab 14 Jahre fesseln wird.
# Thomas Thiemeyer: Zefria. Es hätte sie nicht geben dürfen; 411 Seiten, ill.; Arena Verlag, Würzburg; € 20
WOLFGANG A. NIEMANN(wan/JULIUS)