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ELLIOT RAPPAPORT: „DAS WETTER LESEN“
Für Piloten, Dachdecker und Bergsteiger ist das Wetter in besonderem Maße von Bedeutung. Für keinen Berufsstand aber gilt das seit Menschengedenken so sehr wie für Seefahrer. Um so fundierter berichtet mit Elliot Rappaport ein seit Jahrzehnten versierter Segelschiffskapitän vom Wetter, seinen Ausgestaltungen und Kapriolen und von deren Erforschung.
Der Lehrer an der Maine Maritime Academy tut dies in dem erzählenden Sachbuch „Das Wetter lesen“ und der Untertitel verrät die Zielrichtung: „Wie Wolken, Wind und Wellen unser Leben bestimmen“. Egal, ob Freizeitskipper oder Landratte, Rappaport holt die Leser sofort ab mit seinem Vorwort, in dem er einen sturm mit Windstärke 10 auf einem professionellen Segelschiff schildert.
„Nirgends gibt es so viel Anlass, sich mit dem Wetter zu beschäftigen wie auch einem Segelschiff.“ Aber es sei für jegliche Seeleute ohnehin ein wesentlicher Bestandteil ihrer Tagesplanung. Während der Autor einerseits von etlichen Fahrten mit Segelschulschiffen schreibt, widmet er sich nicht nur dem faszinierenden Kaleidoskop von Wetterphänomenen sondern auch den Entwicklungen zur Beherrschung der See. Zu den enormen Fortschritten der Seefahrt und der Navigation, in der wissenschaftlichen Erkundung der Atmosphäre und der Ozeanogaphie haben teils namhafte Pioniere beigetragen. Wie der britische Hydrograf und Marineoffizier Francis Beaufort mit der Windskala im 19. Jahrhundert. In dem auch die Wolkenklassifizierung erfolgte und das Barometer erfunden wurde.
Der Kapitän erzählt Anekdoten aus seinem reichen Seefahrerleben, die dann zu Themen wie den Meeresströmungen oder dem Jetstream führen, die nun anschaulich erklärt werden. Und Rappaport geht nicht nur auf legendäre Schiffe und Entdecker wie Magellan oder James Cook und ihren Kampf mit dem Unbill des Wetters ein.
Auch Ereignisse aus jüngerer Zeit bieten spektakuläre Beispiele der Unwägbarkeit, die Wetterphänomene auch heute nicht völlig beherrschbar machen. Wie jeder explosionsartige Wintersturm, der das Kreuzfahrtschiff „Anthem fo the Sea“ mit 4.000 Passagieren an Bord brachial und massiv durchschüttelte.
Das alles ist so atmosphärisch ausgeführt, dass man geradezu meint, das Meer hören und riechen zu können. Fazit: dieses Buch ist eine Mischung aus persönlichen Memoiren sowie Geschichte der Seefahrt und der Meteorologie – sehr unterhaltsam geschrieben und dabei fachlich fundiert.
# Elliot Rappaport: Das Wetter lesen. Wie Wolken, Wind und Wellen unser Leben bestimmen (aus dem Amerikansichen von Rudolf Mast); 396 Seiten; marebuchverlag, Hamburg; € 28

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)