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PETER BELLERBY: „DER GLOBENMACHER“
Peter Bellerby wollte seinem Vater, einem Schiffbauer, zum 80. Geburtstag das perfekte Geschenk machen: einen wirklich guten Globus. Als er kein adäquates Exemplar fand, schritt er selbst zur Tat. Mit einzigartigen Folgen und über die Idee und was daraus wurde, hat er nun einen hinreißenden Textbildband vorgelegt. Der Titel lautet denn auch „Der Globenmacher und wie das Bild unserer Welt entstand“.
Was nicht nur für Bellerby der einzigartige Hintergrund war, sagt dazu der Untertitel, denn dies ist „Die faszinierende Geschichte eines alten Handwerks.“ Tatsächlich sollen die Griechen in der Antike erste Globen gefertigt haben und um 1493 war es Martin Behaim, der in Nürnberg den ersten richtigen Globus fertigen ließ.
War der aus naheliegenden Gründen – Kolumbus war eben erst dabei, Amerika zu entdecken – noch weit weg von einer realistischen Darstellung der Erde, befriedigten auch im 21. Jahrhundert die angebotenen Exemplare Bellerbys Ansprüche überhaupt nicht.
Also ging er selbst ans Werk und hoffte, in einigen Wochen einen ordentlichen Globus anfertigen zu können. Was sich jedoch als solch komplexe Herausforderung erwies, dass er allein 18 Monate brauchte, um auszutüfteln, wie die auf die Kugel aufzubringenden Projektionen keine Falten warfen.
Insgesamt dauerte es zwei Jahre, bis Bellerby die Herstellung erlernt hatte. Woraufhin er 2010 sein inzwischen mehrfach prämiertes Unternehmen gründete, das einzige auf der Welt, das vollständig maßgefertigte Globen herstellt.
Im ersten Jahr gab es ganze drei Bestellungen für die kleine Werkstatt im Norden Londons. Inzwischen fertigt er mit seinen über 20 Mitarbeitern jährlich etliche hundert Globen. Die kleinsten, etwa in in der Größe einer Bowlingkugel, kosten etwa 1500 Euro, die größten, die sogenannten Churchills, gehen bis 90.000 Euro.
Bellerby versteht es hinreißend, die Entwicklungsarbeit und die längst perfektionierte Herstellung – alles in präziser Handarbeit – dazustellen. Wenn die kleineren Kugeln aus Expoxitharz gefertigt werden, ist das absolute Rundsein ein Muss. Weshalb Bellerby hierfür einen ansonsten für die Formel Eins arbeitenden Zulieferer einspannt.
Bei den Churchills mit ihren 1,27 Meter Durchmesser besteht der Globuskörper aus Gips. Der Fuß jedoch wird auch bei diesen aus Eichen- oder Tropenholz gefertigt. Zum Giganten der Globen erzählt der Unternehmer im Übrigen eine ganze – wahre – Geschichte.
Da ließ 1942 der US-Militärchef Marshall zwei Riesengloben für Präsident Roosevelt und Premierminister Churchill herstellen, identisch mit jeweils 340 Kilogramm Gewicht und im Maßstab von 1:10.000.000 aufgezogen. Wer einen solchen heute bestellt, muss sich bis zu acht Monate bis zur Lieferung gedulden.
Entsprechend spannend lesen sich die filigranen Fertigungsschritte der Illustratoren, Holzbearbeiter und Kartografen. Jeder Globus ist ein Kunstwerk und bedarf größter Fingerfertigkeit, um die bis zu 48 Segmente des Mantels extrem passgenau auf die Kugel zu bringen.
Und mit derselben Konzentration erfolgen dann Bemalung und Beschriftung. Wobei die steten geopolitischen Veränderungen in so manche Grenzziehung oder Benennung von städten und Ländern einfließt. Was auch von den Wünschen der überwiegend privaten Besteller abhängt.
Was dieses erzählende Sachbuch endgültig zu einem Bücherschatz macht, sind die exzellenten Fotos von Produktionsschritten und einzigartigen Details. Und dass man in jeder Zeile die Begeisterung und die Faszination spürt, mit der Peter Bellerby dieses außergewöhnliche Kunsthandwerk verfolgt und vermittelt.


# Peter Bellerby: Der Globenmacher und wie das Bild unserer Welt entstand – die faszinierende Geschichte eines alten Handwerks (aus dem Englischen von Anu Katarina Lindemann); 222 Seiten, div. Abb., Mittelformat; Knesebeck Verlag, München; € 36
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)